Freitag, 6. Juli 2012

Staatsanleihen stellen ferner "Kapitalanlagen" im Sinne des deutschgriechischen BIT von 1961 dar.

in 20 Punkten fasst Prof Sandrock in RiW 7/2011 sein Ergebnis zusammen:

14. Staatsanleihen stellen ferner "Kapitalanlagen" im Sinne des deutschgriechischen BIT von 1961 dar. Dessen Art. 3 Abs. 1 sichert den Kapitalanlagen der Angehörigen der Vertragsstaaten "vollen Schutz und Sicherheit" zu. Die Normen des deutschgriechischen BIT müssen im Lichte der neuesten Rechtsprechung internationaler Schiedsgerichte ausgelegt werden. Auf ihrer Grundlage sind die deutschen Gläubiger von griechischen Staatsanleihen einerseits zu 53,5 % des Nennwerts ihrer Anleihen enteignet worden (weil Griechenland nicht bereit ist, auf diesen Prozentsatz ihrer Forderungen überhaupt irgendwelche Zahlungen zu leisten). Andererseits sind ihnen in Ansehung derjenigen 46,5 % des Nennwerts ihrer Forderungen andere - aber finanzwirtschaftlich minderwertigere - Leistungen (u. a. durch die Ausgabe von new bonds) angeboten worden. In beiden takeitorleaveit-Angeboten liegt eine Enteignung im Sinne des deutschgriechischen BIT.

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Sandrock, Otto
Professor Dr. Otto Sandrock, LL.M. (Yale), Rechtsanwalt, Münster/Düsseldorf

Ersatzansprüche geschädigter deutscher Inhaber von griechischen Staatsanleihen

Die griechische Finanzkrise 2010-2012 mündete in zwei "Rettungspakete" für Griechenland (im Sommer 2010 und im Februar 2012), an denen sich die Staaten der EURO-Zone und der IWF gemeinsam mit der EZB beteiligten. Die beiden Rettungspakete veranlassten Griechenland im März 2012, seinen privaten Gläubigern ein Umtauschangebot (Invitation Memorandum) zu unterbreiten, kraft dessen diese auf 53,5 % des Nennwerts ihrer Anleihen verzichten sollten. Für die restlichen 46,5 % des Nennwerts sollten die Gläubiger neue Staatsanleihen, Schuldscheine sowie Besserungsscheine erhalten. Man schätzt, das Umtauschangebot habe zu einem finanziellen Verlust von etwa 75 %-80 % des Nennwerts dieser Anleihen geführt. Etwa 96,9 % aller privaten Gläubiger, einschließlich der deutschen, nahmen dieses Angebot dennoch an. Umgekehrt gingen etwa 3,1 % der Gläubiger, darunter wiederum deutsche, auf dieses Angebot nicht ein (sog. hold out creditors). Die Staatsanleihen dieser hold out-Gläubiger repräsentieren ca. 5,5 Mrd. €. Die hold out-Gläubiger fühlen sich durch das griechische Angebot geschädigt. Daher stellt sich für sie die Frage, ob sie mit Erfolg Ersatzansprüche gegen Griechenland geltend machen können. Der folgende Beitrag geht auf die vielfältigen, komplizierten Rechtsfragen in diesem Zusammenhang ein.