ICSID-Verfahren: Vattenfall setzt bei Moorburg-Klage auf Mannheimer Swartling und Luther
Deutschland muss
sich zum ersten Mal als Beklagte vor dem Weltbank-Schiedsgericht (ICSID)
verantworten. Der schwedische Energiekonzern Vattenfall empfindet die
wasserrechtlichen Auflagen beim Bau seines Steinkohlekraftwerks in
Hamburg-Moorburg als zu hart. Die geschätzten Mehrkosten in Höhe von 600
Millionen Euro will das Unternehmen nun vom Staat ersetzt haben und beruft sich
dabei auf die internationale Energiecharta.Der eigentliche Streit spielt sich
jedoch im Stadtstaat Hamburg ab. Im Sommer 2004 hatte Vattenfall angekündigt,
dort ein Kohlekraftwerk errichten zu wollen. Die damals allein regierende CDU
machte im Hamburger Senat den Weg für den Energiemulti frei, welcher daraufhin
über 1,7 Milliarden Euro in den Kraftwerksneubau investieren wollte. Im November
2007 erteilte der Hamburger Senat unter Oberbürgermeister Ole von Beust (CDU)
die Genehmigung zum vorzeitigen Baubeginn. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen
nach der Kommunalwahl im Frühjahr 2008 sprachen CDU und Grüne auch über das
Bauprojekt – konnten sich jedoch nicht zu einer endgültigen Lösung
durchringen.
Weil Vattenfall
das Scheitern des Vorhabens kommen sah, legte der Stromkonzern eine
verwaltungsrechtliche Untätigkeitsklage ein. Die endgültige Baugenehmigung
erteilte die neu konstituierte schwarze-grüne Senatsregierung erst im September
2008, allerdings nur unter strengen Auflagen. So verpflichtete die grüne
Umweltsenatorin Anja Hajduk Vattenfall, nur eine bestimmte Menge an Elbwasser
entnehmen zu dürfen, so dass das Steinkohlekraftwerk Moorburg an 250 Tagen im
Jahr seine Leistung deutlich drosseln müsste. Ein aufwändiger Hybrid-Kühlturm
hätte dieses Problem entschärft, würde aber weitere Investitionen im
zweistelligen Millionenbereich voraussetzen.
Neben ihren
verwaltungsrechtllichen Bemühungen strengte Vattenfall ab Herbst vergangenen
Jahres weitere juristische Schritte an. Zwischenzeitlich war durch
Medienberichte bekannt geworden, dass das Investitionsvolumen aufgrund der
Verzögerungen von ursprünglich 2 auf 2,6 Milliarden Euro angestiegen sei. Der
Konzern berief sich bei seinem Anspruch auf die Energiecharta (ECT), ein
multinationales Vertragswerk, das sowohl Deutschland als auch Schweden
ratifiziert haben. Ursprünglich diente das Abkommen der Sicherung des
reibungslosen Energiehandels zwischen den Nachfolgestaaten der damaligen
Sowjetunion und den europäischen Staaten. Zudem eröffnet es ausländischen
Unternehmen den rechtlichen Schutz von getätigten Investitionen in einem der
Mitgliedsstaaten. Die Verpflichtungen treffen jedoch nicht einzelne Bundesländer
– wie in diesem konkreten Fall die Hansestadt Hamburg – sondern die
Bundesrepublik Deutschland als Hoheitsträger.
Nachdem die
Vattenfall-Beschwerde Pressemeldungen zufolge der Bundesregierung bereits seit
Herbst 2008 vorlag und sich keine gütliche Einigung abzeichnete, erhob der
Konzern im April eine Schiedsklage nach den ICSID-Verfahrensregeln. Das
eigentliche Verfahren hat zum Zeitpunkt des Redaktionsschluss jedoch noch nicht
begonnen. Aktuell müssen sich die beiden Parteien noch auf einen Obmann einigen,
der dem Schiedsgericht vorsteht. (Marcus Jung)
Vertreter
Vattenfall Europe
MANNHEIMER SWARTLING (Stockholm): Káj Hober (Internationale Schiedsgerichtsverfahren) – aus dem Markt bekannt
LUTHER (Hamburg): Dr. Richard Happ (Internationale Schiedsgerichtsverfahren) – aus dem Markt bekannt
MANNHEIMER SWARTLING (Stockholm): Káj Hober (Internationale Schiedsgerichtsverfahren) – aus dem Markt bekannt
LUTHER (Hamburg): Dr. Richard Happ (Internationale Schiedsgerichtsverfahren) – aus dem Markt bekannt
Vertreter
Bundesrepublik Deutschland
K&L GATES (Paris): Dr. Sabine Konrad (Internationale Schiedsgerichtsverfahren) – aus dem Markt bekannt
K&L GATES (Paris): Dr. Sabine Konrad (Internationale Schiedsgerichtsverfahren) – aus dem Markt bekannt
Mit Mannheimer
Swartling holte sich der schwedische Mutterkonzern eine der renommiertesten
Kanzleien des nordischen Landes an die Seite. Ihre Stockholmer Praxis ist im
Umgang mit internationalen Schiedsverfahren sehr erfahren. In Deutschland ist
die Sozietät unter anderem in ihrer umwelt- und energierechtlichen Praxis
,Klimawandel’ für den Energiekonzern tätig.
Für wesentlich
mehr Überraschung sorgt die Mandatierung der deutschen Vattenfall-Tochter, die
als weiteren Parteivertreter Richard Happ wählte. Der junge Hamburger
Luther-Anwalt ist einer der wenigen Experten hierzulande, der Konzerne,
Institutionen und auch Staaten im Zusammenhang mit der ECT berät. So war er
bereits 2002 an der Seite von Lettland in einem ECT-Fall gegen den schwedischen
Öl-Konzern Nykomb gutachterlich tätig. Daneben ist er in diverse
Schiedsverfahren im Zusammenhang mit der Energiecharta als Parteivertreter auf
staatlicher Seite wie auch als Schiedsrichter eingebunden. Dem Vernehmen nach
konnte Luther durch die Zusammenarbeit von Happ und dem Düsseldorfer
Energierechtsteam schon weitere Kontakte zu größeren Energieversorgern
knüpfen.
Das
Bundeswirtschaftsministerium, dem hier die Federführung auf der Seite der
Bundesrepublik oblag, entschied sich dem Vernehmen für Sabine Konrad, seit Juni
Partnerin bei K&L Gates in Paris (mehr…). Konrad legte
schon in ihrer Zeit als Lovells-Associate von Robert Hunter in Frankfurt einen
Schwerpunkt auf internationale Schiedsverfahren. Dieser entwickelte sich in
Richtung Investitionsschutz weiter, auch nachdem sie zu Dewey & LeBoeuf nach
Paris gewechselt war. Zudem schenkte ihr die Bundesregierung im Herbst 2007
bereits das Vertrauen, als sie Konrad zu einer von vier ständigen deutschen
Schiedsrichtern auf der ICSID-Liste benannte.
Erstmals
veröffentlicht auf www.juve.de am 17. Juni 2009
Ist Griechenland eigentlich schon mal vorm ICSID verklagt worden?
AntwortenLöschen